Von Stephanie Hollstein

Viele Menschen, die in meine Praxis für psychologische Beratung und Coaching in Düsseldorf kommen, haben bereist einen langen, leidvollen Weg hinter sich. Sie plagen sich mit Selbstzweifeln und sehen sich vielzähligen Hürden im Beruf und im Alltag gegenüber. Sie wünschen sich bessere soziale und kommunikative Kompetenzen, eine größere Selbstsicherheit oder bemängeln, dass ihr Auftreten im Job nicht professionell genug sei. Immer wieder geht es auch um das Thema „Abgrenzen“, da viele Situationen und Menschen als Belastung empfunden werden.

Manche meiner Klientinnen und Klienten kennen bereits die „Ursache“, zur Gruppe der Hochsensiblen zu gehören, während andere noch komplett im Dunkeln tappen. Letztere nehmen sich als unzulänglich wahr oder meinen, dass es ihnen an verschiedenen Kompetenzen mangele. Einige sind schon einen Schritt weiter und fragen sich, welche Veränderungen sie in ihrem Leben vornehmen müssen, um sich besser und „richtiger“ zu fühlen. Sie denken dabei eher an eine berufliche Neuorientierung oder eine private Veränderung.

Die Wünsche nach Lernen, Selbstoptimierung und Aufbau neuer Kompetenzen kann ich sehr gut nachempfinden. Doch gleichwohl möchte ich den Menschen, die zu mir kommen und von sich selbst sagen, sie seien hochsensibel oder introvertiert, einen anderen Impuls und eine andere Lernaufgabe geben. Konkret gesagt, möchte ich ihnen zuerst einmal ein neues, wertschätzenderes Bild auf sich selbst ermöglichen. Denn die innere Haltung zu sich selbst verändert auch die Wirkung nach Außen. Selbstakzeptanz, Selbstannahme, Selbstfürsorge und Selbstliebe sind dabei die Zauberworte.

Natürlich kann jeder von uns an seinem öffentlichen Auftritt feilen. Ich bin jedoch der Meinung, dass wir uns zuerst einmal so akzeptieren sollten, wie wir sind. Gerade hochsensible Menschen haben eine solche Vielfalt an positiven Eigenschaften - insbesondere wenn es um das Zwischenmenschliche geht, wie Empathie, ein guter Zuhörer zu sein, tiefgehende Beziehungen gestalten zu können usw. - dass es mehr als bedauerlich wäre, sich diese abzutrainieren oder zu verstecken. Ich bin darüber hinaus der festen Überzeugung, dass wir alle nur glücklich und zufrieden sein können, wenn wir authentisch sind. Das heißt, sich der besonderen Eigenschaften - Stärken und Schwächen - bewusst zu werden und diese wertschätzend anzunehmen.

Für mich als Coach stellt sich darüber hinaus oft die Frage, ob meine Klientinnen und Klienten unter zu hohen Erwartungen an sich selbst leiden oder ob sie sich an dem für sie richtigen Platz befinden. Dieser Platz kann sich sowohl auf das Arbeitsumfeld, den gewählten Beruf als auch auf das soziale Umfeld, also die Menschen mit denen sie sich umgeben, beziehen. Die Frage lautet: Bin ich mit meinen Besonderheiten (als HSP oder introvertierter Mensch) dort richtig, wo ich gerade bin oder muss ich mich alltäglich verbiegen und verstellen. Muss ich ständig über meine Grenzen gehen, um Anerkennung und Wertschätzung als Person zu bekommen und wie fühle ich mich dabei?

Entstehen Unwohlsein und Stress aus den überzogenen Erwartungen an sich selbst, unterstütze ich meine KlientInnen dabei, hinderliche Überzeugungen zu hinterfragen und aufzulösen. Es geht darum, sich eine gelassenere, weniger perfektionistische Haltung anzueignen oder sich Rückzugszeiten und -räume zu schaffen, um der Reizüberflutung entgegenzutreten und die Akkus wieder aufzuladen.

Besonders berührend ist dabei zu sehen, welche emotionale und oft auch körperliche Erleichterung die KlientInnen erfahren, wenn sie merken, dass mit ihnen alles stimmt und sie nur lernen müssen, wertschätzender und liebevoller mit sich selbst und ihren besonderen Eigenschaften umzugehen, besser auf sich und ihre Gefühle zu achten und diese wichtig zu nehmen. Den Umgang mit den eigenen Grenzen zu erlernen und sich gleichzeitig auch neuen Herausforderungen stellen zu können, schafft Erleichterung und lässt den Glauben, nicht „richtig“ zu sein, verschwinden.

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